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Gochtlauf: Walenstadtberg (904m) – Gocht (1952m) – Arvenbüel (1300m)

Typ: Berg-Wanderung mit alpinen Passagen nur für Schwindelfreie und bei schönem Wetter

Länge: 5h reine Laufzeit

Kondition: anstrengend (4 von 5)

Schwierigkeit: schwer (4 von 5), offiziell T4

Persönliches Urteil: Spektakuläre und anstrengende Wanderung mit 2 Stunden weiss-blau-weisser Passage auf welcher zum Teil auf allen Vieren hochgewandert / -geklettert werden muss.

Einleitung

Schon lange hegte ich den Wunsch, die Churfirsten einmal zu überwandern. In der Längsrichtung scheint das möglich, wenn nicht auf der Krete dann knapp daneben, aber quer, von Süd nach Nord? Zig mal sind wir schon mit dem Auto dem Walensee entlang gefahren und haben uns oft gewundert, ob diese vermeintliche Felsbastion zu überqueren sei. Im endlosen World-Wide-Web gibt es überraschend wenig Hinweise, aber mit etwas Suchen findet man zwei Überquerungen, eine im Westen (die Gocht) und eine im Osten (das Valsloch), beide mit Schwierigkeitsgrad T4.

Kletterer und Schriftsteller Emil Zopfi schreibt zur Gocht in seiner Bergmonografie über die Churfirsten (AS-Verlag, 2006):Legendär ist die Gocht, die Scharte zwischen Vorder Leistchamm und Nägeliberg: ein historischer Übergang zwischen Amden, Toggenburg und dem Walenseegebiet. Die steile Runse ist bei Nässe und Schneeresten heikel, auch wird von Steinschlag berichtet, den Gämsen oder Steinböcke auslösen, wenn sie sich vor den zweibeinigen Bergkraxlern in Sicherheit bringen. Also nichts für Sonntagsschulwanderungen oder Turnfahrten, sondern nur für trittsichere und schwindelfreie Berggänger mit Erfahrung.

Ein kurzes Wort zu den Churfirsten, Wikipedia (Link, letzter Aufruf am 9. August 2012) zitierend:

“Die «sieben Churfirsten», wie sie u.a. in der Tourismuswerbung genannt werden, heissen von Westen nach Osten: Selun (2’205m), Frümsel (2’263m), Brisi (2’279m), Zuestoll (2’235m), Schibenstoll (2’234 m), Hinterrugg (2’306m) und Chäserrugg (2’262m). Am Selun ist das Wildenmannlisloch zu finden. Man nimmt an, dass Johannes Seluner dort lebte.”

(Die Geschichte über Johannes Seluner (Link) und ein Besuch beim Wildenmannlisloch (Link) sind übrigens ein Besuch bei Wikipedia, respektive eine eigene Wanderung zur selbigen Höhle wert)

An- und Rückreise

Mit dem Auto nach Ziegelbrücke, wo sich ein grosses Park & Ride befindet. Es empfiehlt sich, die Wanderung ca. um 9:00 Uhr zu starten, damit sollte man gemäss aktuellem Fahrplan der SBB (August 2012) den 8:02 Regio-Zug von Ziegelbrücke in Richtung Walenstadt erwischen. Danach mit dem Bus (oder war es ein Postauto?) von Walenstadt nach Walenstadtberg.

Rückreise von Arvenbüel nach Ziegelbrücke mit dem Regio-Bus.

Wanderung

Die Wanderung startet in Walenstadtberg (902m), allerdings nicht bei der Endstation des Bus bei der Reha-Klinik, sondern eine davor (Alpenblick), denn von hier aus gehen wir auf dem „unteren“ Weg, welcher eine kürzere Asphalt-Strecke und eine längere schattige Waldstrasse aufweist. Wir werden den oberen Weg bei Schwaldis (1434m), unserer nächsten Wegstation wieder antreffen.

Blick hoch zu den noch wolkenverhangenen Churfirsten

Blick hoch zu den noch wolkenverhangenen Churfirsten

Zunächst aber geht es via Furgga eine ca. 2km asphaltierte Strasse hoch, vorbei an den Hinteren Wisen und Richtung Alt Stofel, von wo wir über eine Kuhweide in Richtung Schwaldis hochsteigen. Schon auf dieser Strecke finden sich einige interessante und steile Tobel in Richtung Walensee hinunter. Der Aufstieg kurz vor Schwaldis ist schlecht ausgeschildert, so dass wir einen kleinen Umweg über eine Art Feldweg genommen haben, es hätte auch einen direkten Weg durch die Kuhweide hoch gegeben.

Blick hinunter auf den Walensee vor Schwäldis

Blick hinunter auf den Walensee vor Schwaldis

Wir legen eine kurze Trinkpause ein, zum Gocht sind es noch 2h 15 Minuten (bei Schwaldis hat es ein kleines Bergbeizli, wo auch Bergkäse und Joghurt gekauft werden können) bevor wir uns – die Sälser Schwamm und das Florzen Tobel darunter umwandernd – zur Alp Säls aufmachen.

Von Schwäldis ist es noch eine Weile bis zum Gocht

Von Schwaldis ist es noch eine Weile bis zum Gocht

Wir treffen jene zwei Mountainbiker wieder an, die sich ihr Bike mit dem Bus nach Walenstadt-Berg haben hochfahren lassen (wo ist hier der Sportsgeist?) und wundern uns kurzzeitig, ob sie ihre Bikes über den Gocht tragen wollen, bevor wir anhand von Schildern und der Karte realisieren, dass es anscheinend einen schwierigen Trail in Richtung Betlis für jene gibt, die mutig genug sind, runterzufahren. Wir beschliessen, diese Route mit unseren Bikes ein anderes Mal zu erkunden.

Bei der Alp Säls (1413m) steigen wir erneut hoch zum Sattel (Punkt 1521m) von wo aus der weiss-blau-weisse alpine Wanderweg Richtung Gocht quer durch die Weide abzweigt. Wir treffen Besitzer der Weide, der gerade dabei ist, seinen elektrischen Zaun zu kontrollieren und uns freundlicherweise den Weg weist.

Es geht noch um die Kurve und dann rechts des Waldes hoch

Es geht noch um die Kurve und dann rechts des Waldes hoch

Die erste Wegmarkierung in der Wiese ist ein wenig schwierig zu finden, aber im Wesentlichen läuft man rechterhand am Waldstück im Hang vorbei hoch. Hier trennt sich endgültig die Spreu vom Weizen, der Weg geht, nur mit weiss-blau-weissen Markierungen sichtbar praktisch senkrecht den Berg hoch. Wir erreichen mit einem anständigen Puls und genügend Schweiss auf der Stirn den Wald, wo sich ein dünner Pfad weiter steil den Berg hochzieht, leicht westwärts gerichtet, denn wir sind immer noch zu weit östlich von der Gocht.

Es geht steil hoch...

Es geht steil hoch…

Der nachfolgende Teil und eigentliches Herzstück der Wanderung bis zur Gocht kann nur als anstrengend und schwierig beschrieben werden.  Wir bewegen uns zum Teil auf allen Vieren die Couloirs und engen Passagen hoch wobei der Puls bald im Roten dreht. Schwindelfreie können in den kurzen Verschnaufpausen den spektakulären Blick zum Walensee runter geniessen. Hier sind absolute Trittsicherheit und fester Halt mit Händen und Füssen vorausgesetzt.

Richtig, wir werden auf dem kleinen Wägli gerade unter der Felswand durchlaufen

Richtig, wir werden auf dem kleinen Weglein gerade unter der Felswand durchlaufen

Kaum zu glauben, aber über diesen kleinen Weg sind wir gekommen!

Kaum zu glauben, aber über diesen kleinen Weg sind wir gekommen!

Nach einer schweisstreibenden Stunde erreichen wir die Gocht und sind erst mal froh, es heil geschafft zu haben, gab es doch einige für uns als nicht wahnsinnige geübte alpine Wanderer kritische Stellen zu überwinden.

Wir legen eine kurze Pause ein, beschliessen aber weiter zu gehen um uns einen Schattenplatz für die Mittagsrast zu suchen.

Von hier unten kamen wir hoch!

Geschafft! Von hier unten kamen wir hoch.

Der Weg ist wesentlich leichter auf dieser Seite und schon nach einem kurzen Stück westlich des Glattchamm runter (zum Teil trickreich wegen seiner üppigen Vegetation) erreichen wir den Wegpunkt 1830, wo wir den weiss-rot-weissen Bergwanderweg in Richtung Arvenbüel einschlagen.

Nach einem kurzen Stück ergibt sich für den Wanderer mit bereits müden Beinen eine kleine Überraschung. Um „hinter“ dem Leistenkamm durch zu kommen müssen wir nochmals hochsteigen nach Tritt, bei dem wir unsere übersäuerten Oberschenkel doch schon kräftig zu spüren beginnen.  Danach geht der Weg aber definitiv nur noch abwärts in Richtung Alp Looch und beim Punkt 1663m bietet sich die Option an, noch einen kurzen Ausflug auf den Leistenkamm (50 Minuten hoch) zu machen, was wir aber dankbar überspringen und für ein anderes Mal aufsparen, wahrscheinlich von Arvenbüel her hoch wandernd.

Unterhalb Alp Looch (1535m), welche wir nach einem kurzen, aber steilen Abstieg erreichen geht ein angenehmer Weg nach Arvenbüel und wir beschliessen, bei der Alp Egg unser Mittagessen einzunehmen, obwohl die Wirtschaft bei der Alp Looch sehr einladend wirkt.

Gemütlich ins Dorf hinunter wandernd erreichen wir gerade noch knapp den 14:21 Uhr Bus nach Ziegelbrücke, eine Stunde früher als eingeplant.

Epilog und Fazit

Dass weder der Leistenchamm noch der Glattchamm offiziell zu den Churfirsten gehören und damit diese Wanderung ganz streng genommen gar nicht die Churfirsten, sondern jene Zacken westwärts davon überquert, tut dem Spektakel keinen Abriss. Eine anspruchsvolle, strenge, aber alles in allem wunderbare Wanderung.

Es sei hier nochmals erwähnt, dass diese Wanderung wirklich nichts für nicht schwindelfreie Zeitgenossen ist. Der Aufstieg auf der Walenseeseite ist zum Teil anspruchsvoll aber wunderschön, zum Glück für alle nicht-akrophobischen Menschen.

Wanderdatum: 8. August 2012